Kurs 616
19./20.09.2025
Organisierte
Rituelle Gewalt – Erkennen der Betroffenen, Verstehen
ihrer Erfahrungen, Besonderheiten in der Psychotherapie
Dipl.-Psych. Claudia Fliss, Bremen
(Organisierte) "Rituelle Gewalt ist eine schwere Form der
Misshandlung von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern.
Intention ist die Traumatisierung der Opfer. Rituelle
Gewalt umfasst physische, sexuelle und psychische Formen
von Gewalt, die planmäßig und zielgerichtet im Rahmen von
Zeremonien ausgeübt werden. Diese Zeremonien können einen
ideologischen Hintergrund haben oder auch zum Zwecke der
Täuschung und Einschüchterung inszeniert sein. Dabei
werden Symbole, Tätigkeiten oder Rituale eingesetzt, die
den Anschein von Religiosität, Magie oder übernatürlichen
Bedeutungen haben. Ziel: ist es, die Opfer zu verwirren,
in Angst zu versetzen, gewaltsam einzuschüchtern und mit
religiösen, spirituellen oder weltanschaulich-religiösen
Glaubensvorstellungen zu indoktrinieren. Meist handelt es
sich bei den rituellen Gewalterfahrungen nicht um
singuläre Ereignisse, sondern um Geschehnisse, die über
einen längeren Zeitraum wiederholt werden.“ (Becker &
Fröhling 1998 in: Becker 2008, S. 25/26) Diese Definition
erfasst noch immer nicht alles, was das Thema Organisierte
Rituelle Gewalt beinhaltet, vermittelt aber einen
Eindruck, um was es gehen kann. Rituelle Gewalt kann als
ideologisch begründete Gewaltform in der Organisierten
Gewalt in verschiedenen Gruppierungen auftreten.
In der zweitägigen Fortbildung werden strukturelle
Grundlagen und Vorgehensweisen am Beispiel von Kulten bei
der Konditionierung und Programmierung ihrer
Nachfolgegeneration in Form von Modellen, generiert aus
den jahrzehntelangen therapeutischen Erfahrungen mit
Betroffenen aus diesem Täterkreis und ihren Berichten,
dargestellt. Es handelt sich nicht um wissenschaftlich
erforschte und belegte Inhalt:e, sondern die Fortbildung
basiert ausschließlich auf den Erfahrungsberichten
zahlreicher Betroffener. Wissenschaftliche Forschung ist
aktuell noch unzureichend vorhanden (Qualitative Forschung
ausgehend von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen
sexuellen Missbrauchs in Berlin findet sich unter https://doi.org/10.1055/a-1160-3976)
und muss dringend weiter entwickelt und finanziell
gefördert werden.
Aus den Erfahrungsberichten Betroffener kann deutlich
werden, wie Kulte von Geburt an die absolute Kontrolle
über ihre Kinder zur Manipulation und Konditionierung
nutzen, so dass die Kinder Dissoziative
Identitätsstörungen entwickeln müssen. Die Strukturen der
inneren dissoziierten Systeme sind den Tätern bekannt, den
Kindern aber über lange Zeit nicht oder teilweise nie
bewusst zugänglich. Die skrupellose Nutzung aller
menschlichen Reaktionsmuster, Emotionen und Kognitionen
durch die Kulte zur gezielten Manipulation und Kontrolle
ihrer Nachfolgegeneration wird erkennbar und die Logik
nachvollziehbar, warum programmierte Mitglieder von Kulten
so schwer aussteigen können. Das Einbeziehen von Bindung
und Emotionen, die brutal hervorgerufene Entstehung vieler
Persönlichkeiten auf unterschiedlichem Entwicklungsstand
mit ihren verschiedenen Aufgaben und Bedeutungen im
inneren System sowie deren Einbeziehen in Programmketten
werden dargestellt. Das Verständnis der Vorgehensweisen
der Kulte sowie des Aufbaus von Programmen erleichtert
Traumatherapie und Ausstiegsbegleitung mit Menschen aus
Kulten.
Das Thema wird per Vortrag und PowerPoint-Präsentation
vorgestellt. Dabei können Fragen gestellt und Inhalte
gemeinsam erarbeitet werden. In einem Gruppen-Rollenspiel
kann gemeinsam eine Erfahrung dazu gemacht werden, wie
Kontakte und die Rollen verschiedener Persönlichkeiten in
einem Innensystem einer Betroffenen sich zeigen können.
Falls ausreichend Zeit bleibt, kann ein Rollenspiel zu
einer Vorgehensweise gezeigt werden, mit der eine
„Programmkette“ aufgelöst werden kann.
Kursgebühr: 410€